Ein „Start-up mit 80 Jahren Produktionserfahrung“: So bezeichnet Lauri Jouhki, Jahrgang 1984 und seit 2015 Geschäftsführer der Metz Mecatech GmbH in Zirndorf, seine aktuell 165 Mitarbeiter zählende Firma. Und das trifft es genau: Denn einerseits feiert der im November 1938 von Paul Metz gegründete, weltweit renommierte Qualitätshersteller von Radios, Fotoblitzen und Fernsehgeräten „Made in Germany“ dieses Jahr schon sein 80-jähriges Bestehen. Andererseits ging das Unternehmen im Winter 2014 in die Insolvenz und wurde anschließend in die Metz Consumer Electronics GmbH und die Metz Mecatech GmbH aufgeteilt. Der erste Unternehmensteil ging im Mai 2015 an den chinesischen Elektronik-Konzern Skyworth, letzterer an die Fürther Daum-Gruppe. Dieser beschreitet nun mit dem neuen Pedelec-Roller „Metz Moover“ wie ein Start-up ganz neue Wege.
Bisherige Standbeine des Unternehmens
„Natürlich entwickeln und produzieren wir auch weiterhin innovative Blitzgeräte und professionelle Lösungen für Studio- und Aufnahmelicht“, betont Jouhki und verweist auf rund 50 000 Geräte pro Jahr, vor allem auf den inzwischen vielfach prämierten Systemblitz „Metz Mecablitz M400“, sowie auf die neueste Generation leistungsstarker LED-Leuchten „Metz Mecalight L1000BC“. Doch trotz aller Erfahrung, Entwicklungskompetenz und Produktqualität seien in diesem Markt realistisch betrachtet heute kaum noch Zuwächse zu erwarten, so der Geschäftsführer, eher im Gegenteil: „Die Verkaufszahlen für Fotokameras sinken – vor allem durch immer leistungsstärkere Handykameras – inzwischen faktisch jedes Jahr um rund 20 Prozent.“ Metz Mecatech brauche demnach für einen nachhaltigen, langfristigen Erfolg noch weitere Standbeine.
Der Unternehmensbereich Kunststofftechnik, mit dessen leistungsstarken Spritzgussmaschinen vor der Insolvenz Chassis für die werkseigenen Fernsehgeräte hergestellt wurden, ist ein solches zweites Standbein. Hier entstehen heute in Lohnfertigung und mit modernsten Verfahren von Spritzgusstechnik und Oberflächenbearbeitung große Kunststoffteile, zum Beispiel Gehäuse für Kaffeevollautomaten oder Fahrzeugkomponenten. „Dank unternehmenseigener Fertigung und Qualitätsmanagement können wir hier sehr flexibel und schnell produzieren und individuelle Lösungen in technischer Perfektion liefern“, so Jouhki. Aktuell würden rund 90 Prozent der Großteile-Lohnfertigung an die Automobilindustrie geliefert, hier sehe er auch noch Wachstumspotenziale.
Das dritte Standbein ist die Entwicklung und hauseigene Produktion sogenannter SMD-Leiterplatten, also oberflächenmontierter Bauelemente, wie sie heute zu Tausenden beispielsweise in Kamerablitzen, Fernsehern oder auch Fahrzeug- und E-Bike-Motoren als digitale Steuerelemente unverzichtbar sind. Mit den in Zirndorf individuell und flexibel gefertigten Leiterplatten werden aktuell aber nicht nur die firmeneigenen Produkte wie Aufnahmelichter und Blitzgeräte bestückt; inzwischen profitiert auch die Daum-Gruppe bei den Antriebstechnologien für Fahrrad-Ergometer, Pedelecs und E-Mobilität vom Know-how und den modernen SMD-Kapazitäten von Metz Mecatech. Auch bei SMD will Jouhki die Lohnfertigung künftig noch verstärken.
„Die drei Metz-Mecatech-Bereiche Aufnahmelicht, Kunststofftechnik und SMD erwirtschaften mittlerweile jeweils etwa ein Drittel unseres Gesamtumsatzes, der aktuell bei rund 20 Mio. Euro pro Jahr liegt“, zieht der Geschäftsführer Zwischenbilanz. Doch angesichts der langfristig bestenfalls stagnierenden Entwicklungsprognose für den Blitzgeräteumsatz mussten absehbar neue Ideen und Märkte gefunden werden, um den seit September 2017 kurzarbeitenden Unternehmensteil mit seinen 165 Beschäftigten nachhaltig auf Erfolgskurs zurückzubringen.
Neuer Markt E-Mobilität
Als viel versprechende Zukunftschance für den Zirndorfer Mittelständler erwies sich in dieser Situation das Thema Elektromobilität. Während der Absatz von Blitzgeräten weiter rückläufig ist, wächst der Markt für umweltfreundliche Transportlösungen seit Jahren rasant. Zudem war bei Metz Mecatech sowie der Daum-Gruppe das entscheidende technische Know-how in den Bereichen SMD-Steuerungskomponenten und E-Bike-Motoren bereits vorhanden, was sich für die Produktentwicklung nutzen ließ.
Für diese Kompetenzen gebe es im Bereich der Arbeitswege Potenzial für das Unternehmen. So hätten laut Jouhki aktuelle Statistiken und Bedarfsanalysen ergeben, dass circa 30 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland täglich eine Strecke von bis zu fünf Kilometern bis zum Arbeitsplatz zurücklegen. Während für längere umweltfreundliche Wegstrecken das Angebot von Pedelecs und E-Bikes bereits sehr breit gefächert ist, fehlte Jouhki zufolge bisher noch eine praktische und kompakte Lösung für eben diese Kurzstrecken: „So entstand bei uns die Idee zu unserem neuen Pedelec-Roller ‚Metz Moover‘.“
Ein erster Prototyp des elektrobetriebenen Pedelec-Rollers für diesen Bereich der sogenannten Mikromobilität wurde schließlich nach monatelanger Entwicklungsarbeit im Herbst 2017 der Öffentlichkeit präsentiert. Er sorgte bei der in Zirndorf erschienenen Politik und Prominenz sowie in den lokalen Printmedien für einiges Aufsehen (WiM berichtete). Mit seiner Spitzengeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern und einer Reichweite bis zu 20 Kilometern soll der als Pedelec geprüfte „Metz Moover“ künftig die E-Mobilitätslücke bei den Mini-Distanzen schließen, so Jouhki: „Wer holt schon für den kurzen Weg bis zum Bus, zur U-Bahn oder für den schnellen Einkauf extra sein schweres E-Bike aus dem Keller?“ Der Metz-Roller sei dafür perfekt, zudem könne man ihn zusammenklappen und im öffentlichen Verkehr als Gepäckstück ohne Zusatzfahrschein mitnehmen.
Auch in einen Kofferraum passe der Pedelec-Roller, erklärt der Geschäftsführer weiter, und eigne sich somit für Ausflüge, Wohnmobil und Camping. Neben umweltbewussten Arbeitnehmern, Pendlern, Urlaubern und sonstigen Endkunden denkt Jouhki aber auch an die Nutzung durch Industrie und Gewerbe: „Überall dort, wo es bei der Arbeit längere Wege gibt, zum Beispiel im Werksverkehr oder bei Großimmobilien wie Flughäfen, legt unser ‚Moover‘ die Strecken schnell und komfortabel zurück.“ Weiterhin denkbar ist für ihn zum Beispiel eine Nutzung durch Hotels oder im Stadttourismus als Verleihgeräte für kürzere Distanzen: „Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr vielfältig.“
Inzwischen ist seit Anfang April in Zirndorf die Serienfertigung für den Pedelec-Roller angelaufen. Seitdem sei bei Metz Mecatech auch die Kurzarbeit wieder vorbei. Die ersten Kontingente wurden bereits ins benachbarte Ausland nach Österreich und in die Schweiz geliefert. Für Deutschland läuft derzeit noch eine letzte Prüfung zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO), deren Ergebnis Jouhki allerdings zeitnah erwartet: „Dann startet unsere ‚Mission Moover‘ und die Auslieferung auch in Deutschland.“ Großes Interesse und ausreichend Nachfrage seien bereits vorhanden.